Montag, 6. Januar 2014

Projekt "Heute wird aus dem Stegreif gespielt"



Das Pirandello Ensemble beschäftigt sich unter der künstlerischen Leitung von Markus Herlyn seit 2008 schwerpunktmäßig mit dem Werk Luigi Pirandellos (1867-1936), hier im Besonderen mit der „Trilogie des Theaters auf dem Theater“.

Zum Stück

Nach „Sechs Personen suchen einen Autor“ stellt „Heute wird aus dem Stegreif gespielt“ seit zwei Jahren den Hauptgegenstand der forschenden Theaterarbeit und Inszenierungspraxis des Pirandello Ensembles dar.

Das Stück behandelt in erster Linie einen Konflikt zwischen der Regie und den Schauspielern. Der Regisseur vertritt die Meinung, dass er allein der Schöpfer des szenischen Kunstwerkes auf der Bühne ist und er sich lediglich dazu der Kunst der Schauspieler bedient, um die Rollen nach seiner Interpretation darstellen zu lassen. Genauso bedient er sich des Textes des Autors als Material für seine Inszenierung, die er allein als sein geistiges Eigentum betrachtet. Die Schauspieler rebellieren gegen diese Theaterauffassung und wollen die zugewiesene Rolle als „Instrumente“ der Regie nicht mehr akzeptieren. Ihnen schwebt ein völlig anderer Entstehungsprozess der Inszenierung vor, an dem sie sowohl mit ihren Ideen schöpferisch beteiligt sind, sowie mit ihrer persönlichen und realen Lebendigkeit. Das Leben auf der Bühne entstehe durch die Arbeit der Schauspieler von selbst und kann von gar niemandem kommandiert werden! So bringt einer der beteiligten Schauspieler die revolutionäre Stimmung im Produktionsprozess auf den Punkt.  

„Heute wird aus dem Stegreif gespielt“ ist als konsequente Fortsetzung des in „Sechs Personen suchen einen Autor“ eingeleiteten Themas zu verstehen. In „Sechs Personen suchen einen Autor“ treffen zwei Welten in einer überraschenden Begegnung aufeinander: ein Regisseur findet zur Probenzeit nicht nur seine Schauspieler vor, sondern real gewordene Bühnenfiguren mit einem Eigenleben. Pirandello  will künstlerische Ideen als „lebendige Wesen“ verstanden wissen. Damit setzt er Maßstäbe für die Umsetzung von dramatischen Texten auf der Bühne und für die Schauspielerei überhaupt:  die Darsteller auf der Bühne, die Schauspieler, müssen sich nach Pirandello mit der Idee, dem Wesen einer Figur auseinandersetzen und die Begegnung mit der künstlerischen Idee suchen, um zu einer lebendigen Darstellung zu gelangen. Die Regie wiederum sollte sich in der Funktion eines Helfers der Schauspieler im schöpferischen Prozess der Bühnenkunst verstehen.

 


Die Inszenierung


Der Entstehung der Stücke im „Studio 13 Theaterinstitut“ liegen verschiedene  Arbeitsschritte zu Grunde. Am Anfang steht immer eine längere Forschungsphase mit Laboratorien. Dabei schlagen die  SchauspielerInnen Szenenskizzen vor, die im Dialog mit der künstlerischen Leitung weiterentwickelt werden.
In Anlehnung an Pirandello kann man sagen: Wir laden die 'Ideen' zu uns ein, setzen uns mit ihnen auseinander und fordern einige zum 'Bleiben' auf.
Sobald genug Material erarbeitet worden ist, entwickelt die künstlerische Leitung auf dieser Basis zusammen mit dem Ensemble ein Szenarium für die Inszenierung. In der letzten Arbeitsphase,  den Szenen- und Inszenierungsproben übernehmen die Regie und die SchauspielerInnen wieder ihre eher klassischen Funktionen: die SchauspielerInnen kümmern sich in erster Linie um ihre Rollengestaltung sowie die szenische Umsetzung und die Regie um die Inszenierung. Auf diese Weise entstehen Inszenierungen, die nicht nur den schöpferischen Prozess einer Person (des Regisseurs) wiederspiegeln, sondern die Ideenwelt eines ganzen Ensembles integrieren.
Wie man bei Pirandello lernen kann, kommen die Ideen aber nicht nur, wenn man sie ruft, sondern sie stehen zumeist plötzlich im Raum, ohne vorher anzuklopfen. Daher entwickeln sich auch die Inszenierungen im Laufe der Aufführungspraxis immer weiter. Inszenierungen werden hier nicht als irgendwann ‚fertig‘ verstanden, sondern als ‚lebendige Wesen‘.